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Europa vor Ort – Als Freiwillige mit dem SC Aleviten von Paderborn nach ganz Europa

Wie viel Europa steckt eigentlich in Paderborn? Das war die Ausgangsfrage des Seminars „Europa vor Ort“. Ganz allgemein lässt sich diese Frage selbstverständlich nicht beantworten, dafür ist die Europäische Union zu vielschichtig. Beispiele gibt es jedoch zahlreiche: Sei es der Flughafen Paderborn-Lippstadt, Wanderwege in Ostwestfalen-Lippe, die Windräder am Haxter Grund, Sportgeräte beim Hochschulsport oder Freiwilligenprojekte für Jugendliche.
In fünf Beiträgen könnt ihr herausfinden, wo euch die EU in Paderborn und Umgebung überall begegnen kann.

Europa vor Ort – Als Freiwillige mit dem SC Aleviten von Paderborn nach ganz Europa 

Wir als Studierende haben die Möglichkeit, über das Erasmus+-Programm an einer der europäischen Partneruniversitäten der Universität Paderborn zu studieren, das „Eurobiz“ organisiert Ausflüge und Partys für Internationale Studierende und die Informationsmails zur Europäischen Hochschulkooperation sind uns auch allen schon mehr oder weniger bewusst einmal untergekommen. Doch wo finden wir Europa für junge Menschen in Paderborn, wenn wir die Uni mal verlassen? 

 

In Paderborn-Schloss Neuhaus sind wir fündig geworden: Der SC Aleviten e.V., ein 2012 gegründeter Jugend- und Sportverein, engagiert sich für ein gelebtes Europa. Als einziger Sportverein in Paderborn nimmt er am Programm des Europäischen Solidaritätskorps (ESK) teil. Dieses EU-Programm, das Teil des Erasmus+-Programms für Bildung, Jugend und Sport ist, setzt sich für die Förderung von grenzüberschreitendem, freiwilligem Engagement in Europa ein und richtet sich an junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren. Wie genau der ESK funktioniert, erklären Louisa und Julia in einem kurzen Video: 

Im Vereinsheim des SC Aleviten e.V. symbolisieren eine Vielzahl an Flaggen an der Wand seine internationale Ausrichtung. Hier berichtet uns der Vereinsvorsitzende, Verani Kartum, von den ESK-Projekten, an die sein Verein die Freiwilligen weitervermittelt. Die Projekte, die er mit seinen europäischen Partnern koordiniert, haben oftmals die interkulturelle Begegnung, Vielfalt, Toleranz und Demokratie und inzwischen auch immer mehr Umwelt und Klimaschutz zum Thema. Es gibt musikalische Projekte und Aktionen im künstlerischen oder auch interreligiösen Bereich. Besonders eng ist die Kooperation mit polnischen Partnern, denen es, so Kartum, schwerfalle, im Rahmen des ESK deutsche Entsendeorganisationen zu finden. Zwei der Freiwilligen in Polen sind Emma (18) und Sascha (19). Am Telefon berichten uns die beiden von dem Projekt, an dem sie mitarbeiten. Sie sind bis Ende Mai für fünf Wochen mit der Organisation „Europe4Youth“ in der Stadt Rabka Zdrój, um dort ein einwöchiges Festival für die Jugend vor Ort zu organisieren.  

 

„Viele suchen unheimlich viel nach Entsendeorganisationen. Daran scheitern Projekte auch manchmal“ 

 

Was allerdings auffällt, ist, dass Emma und Sascha überhaupt nicht aus Paderborn und Umgebung kommen. Wie haben Sie also überhaupt vom ESK und dann auch vom SC Aleviten e.V. erfahren? Über Recherchen auf der Website des ESK haben sich die beiden konkret auf die Projekte beworben, die sie interessant fanden. Nachdem sie den Bewerbungsprozess aus Motivationsschreiben und Auswahlgespräch durchlaufen hatten, bekamen sie dann die Kontaktdaten der Entsendeorganisation, in diesem Fall des SC Aleviten. Für die deutschen Freiwilligen, die gerne nach Polen gehen möchten, ist der SC Aleviten als einziger Verein in ganz Deutschland zuständig, berichtet Kartum. Vereine, die vom ESK akkreditiert sind, werden dann von den einzelnen Projektorganisationen als Entsendeorganisation angefragt: „Viele suchen unheimlich viel nach Entsendeorganisationen. Daran scheitern Projekte auch manchmal“, so Kartum. 

 

Momentan entsendet der SC Aleviten ausschließlich Freiwillige ins europäische Ausland und hat aktuell keine Freiwilligen vor Ort in Paderborn. Dies sei noch den Nachwirkungen der Coronapandemie geschuldet, Anfragen von ausländischen Freiwilligen gäbe es aber zahlreiche. Das aktuell angemeldete Projekt ist zum 30. April ausgelaufen und derzeit beantragt Kartum die Reakkreditierung. Das Ziel sei es dann auch, die Aufnahme von Freiwilligen in Paderborn wieder aufzubauen. Allerdings handelt es sich beim ESK-Programm, „das eigentlich sehr schön ist“, um einen hohen bürokratischen Aufwand. Der ESK übernimmt die Kosten für Unterbringung und Verpflegung der Freiwilligen und es gibt auch eine kleine Entschädigung für deren Arbeit. Der SC Aleviten hilft dann hierbei allen Freiwilligen bei organisatorischen Problemen rund um Visumsbeschaffung, Unterkunft oder Krankenversicherung. Die Bürokratie, das Abrechnen und Vorbereiten stellen den Verein, der sich durch Spenden finanziert, vor große Herausforderungen. Eigentlich müsste dafür extra eine Person eingestellt werden. „Allein mit Ehrenamt schaffen wir das nicht“. Und dabei sei es ja gerade wichtig, dass kleinere Vereine, wie der SC Aleviten, die sich mit Migration und Inklusion auseinandersetzen, an diesem europäischen Projekt teilnehmen können.  

 

Abgesehen von der Kritik an den hohen Ansprüchen des ESK an kleine Vereine, betont Kartum aber die große Hilfsbereitschaft und Unterstützung von Seiten des Europäischen Solidaritätskorps. Auf die Frage, warum der SC Aleviten sich entschieden hat, an dem Projekt teilzunehmen, berichtet Kartum vom europäischen Engagement des Vereins. Bereits seit 2016 engagiert der Verein sich in europäischen Projekten, mit dem Deutsch-Polnischen oder Deutsch-Französischen Jugendwerk. „Uns liegt ja Europa ziemlich am Herzen und auch die Interkulturalität fanden wir auch sehr, sehr wichtig, sodass viele Jugendliche aus verschiedenen europäischen Ländern sich untereinander vernetzen und kennenlernen [können] und den europäischen Gedanken haben“. Sein Hauptziel sei es, auch aus seinen persönlichen Erfahrungen heraus, Jugendliche an europäischen Prozessen zu beteiligen, die sonst aus verschiedenen Gründen, wie fehlenden finanziellen Mitteln, mangelnden Sprachkenntnissen oder körperlichen Einschränkungen, nicht die Möglichkeit haben, ins Ausland zu gehen. In der Theorie ermöglicht der ESK also auch sozial benachteiligten Jugendlichen eine Auslandserfahrung. Das treibe den SC Aleviten an, bei diesem europäischen Projekt mitzumachen. 

 

 „Ich hoffe, dass es so bleibt. Dass Europa die Freiheit auf der ganzen Welt ist“.  

 

Trotz der Arbeit, die er damit hat, was auch der Tatsache geschuldet ist, dass noch nicht genügend Vereine in Deutschland als Entsendeorganisation am ESK-Programm teilnehmen, ist Kartum froh und stolz, Teil des Europäischen Solidaritätskorps zu sein. Die schönen Erlebnisse und interkulturellen Errungenschaften entschädigen und motivieren ihn: „Beim Abschied merkt man, dass da eine Bindung entstanden ist, dass eine Freundschaft entstanden ist und dass die kulturellen Unterschiede verschwinden. Das sind die schönsten Erlebnisse, wenn sich jemand weinend in den Armen verabschiedet und die Tränen fließen“. Abschließend fasst er treffend zusammen, was sowohl sein Wunsch als auch eine der Zielsetzungen des ESK ist: „Ich hoffe, dass es so bleibt. Dass Europa die Freiheit auf der ganzen Welt ist“.  

 

Weiterführende Informationen: 

SC Aleviten e.V.: http://www.scaleviten-paderborn.de/home/  

Europäischer Solidaritätskorps: https://www.solidaritaetskorps.de/  

 

Lea Boßler, Katharina Buchta, Lea Engelbrecht, Louisa Frese, Laura Hildesheimer, Sarina Rosemann und Julia Spiekerkötter