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EUROPA VOR ORT – Von der EU-Rückführungsrichtlinie zur praktischen Umsetzung in Deutschland

Wie stark ist Paderborn eigentlich von Europa geprägt? Diese Frage bildet auch dieses Jahr den Ausgangspunkt des Seminars „Europa vor Ort“. Eine einfache Antwort auf diese Frage findet man aufgrund der Vielschichtigkeit der Europäischen Union kaum. Deswegen versuchen wir durch eine tiefere Betrachtung vier verschiedener Bereiche Teilantworten auf diese Frage zu finden: die Untersuchung des Einflusses des Brexits auf das britische Leben in Paderborn, ein grenzüberschreitender Ausflug mit der Eurobahn, ein Interview zur Ausübung des EU-Bürgerrechts und ein fiktives Szenario zu einem Asylbewerber in Büren zeigen euch, wie und wo die EU in Paderborn und Umgebung sichtbar ist.

 

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Welche Rolle spielt die Europäische Union (EU) bei Abschiebungsverfahren im Kreis Paderborn, genauer gesagt in der Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige Büren? Dieser Frage ist unsere Gruppe auf den Grund gegangen. Grundsätzlich basieren Abschiebungen auf verschiedenen Gesetzgebungsakten.

Zum einen gibt es die EU-Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG, welche die Grundlage bildet für die Abschiebehaft innerhalb der Union. Sie regelt die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten und legt auch fest, unter welchen Bedingungen eine Abschiebehaft angeordnet werden kann, um die Rückführung sicherzustellen. Außerdem besagt sie unter anderem, dass die Haft nur als letztes Mittel und nur für die kürzest mögliche Dauer angeordnet werden darf. Diese Richtlinie legt auch fest, dass die Haft in speziellen Hafteinrichtungen erfolgen muss. Damit ist sie ebenfalls die Basis, auf welcher die Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige Büren beruht.

Wohlgemerkt handelt es sich dabei um eine Richtlinie. Im Gegensatz zu Verordnungen gelten sie nicht unmittelbar, sondern müssen erst von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgewandelt werden. In Deutschland wurde die EU-Rückführungsrichtlinie durch das Aufenthaltsgesetz umgesetzt. Insbesondere § 62 des Aufenthaltsgesetzes regelt die Voraussetzungen und die Durchführung der Abschiebehaft. Es gibt zwei Hauptformen der Abschiebehaft: Erstens die Vorbereitungshaft, die angeordnet wird, wenn die Abschiebung vorbereitet werden muss und die betroffene Person möglicherweise untertauchen könnte. Und zweitens die Sicherungshaft, die angewendet wird, wenn die Abschiebung unmittelbar bevorsteht und sichergestellt werden muss, dass die Person nicht flieht.

In der Praxis bedeutet dies, dass Asylbewerber, deren Antrag abgelehnt wurde und die keine Aufenthaltsgenehmigung haben, zur Sicherstellung ihrer Abschiebung in Haft genommen werden können. Die Haft erfolgt in speziellen Abschiebehafteinrichtungen, getrennt von regulären Strafgefangenen. Um in Abschiebehaft zu gelangen, muss ein Richter die Abschiebehaft anordnen. Dafür stellt die Ausländerbehörde einen Antrag beim Amtsgericht, der begründet werden muss. Die betroffene Person hat das Recht auf anwaltliche Vertretung und muss über ihre Rechte informiert werden. In der Haftanstalt selbst müssen die Haftbedingungen menschenwürdig sein und den Anforderungen der EU-Rückführungsrichtlinie entsprechen. Um einen Eindruck vom praktischen Ablauf zu gewinnen, haben wir uns eine fiktive Abschiebungsgeschichte ausgedacht, die wir in dem Audiobeitrag erzählen.

 

Von: Mathilda Kröker, Anika Bertholdt, Daniela Sánchez Dübbel, Nicole Nennhaus und Torge Prahl

Quellen: Rückführung: Fakten und Zahlen und EUMaßnahmen (Infografik) | Themen | Europäisches Parlament (europa.eu); https://eurlex.europa.eu/legal

content/DE/TXT/?uri=CELEX:12016P/TXT; Richtlinie 2013/32 EN EURLex (europa.eu); European Convention on Human Rights (coe.int)