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Interview mit dem EE-Studenten Sebastian Emde

An einem sonnigen Dienstagabend habe ich Sebastian Emde zum Interview getroffen. Bei einem Spaziergang an der Sarthe und am Vieux Mans entlang haben wir über sein Praktikum in der hessischen Landesvertretung bei der EU in Brüssel gesprochen, den neuen Alltag im französischen Le Mans und seine Lieblingsplätze in Le Mans.

 

Sebastian, das vierte Semester ist nun vorbei und aktuell machst du ein Online-Praktikum in Brüssel und wohnst weiter in Le Mans. Wie kam es dazu, und wie sieht aktuell dein Alltag so aus?

Also eigentlich wäre ich aktuell im Praktikum in der Landesvertretung Hessen bei der EU in Brüssel. Aber durch Corona findet das komplett im Home-Office statt – ich durfte mir aussuchen, von wo aus ich das mache. Ich habe mich entschieden, noch ein bisschen in Le Mans zu bleiben. Ich sitze zwar noch vorm PC wie während des Semesters, habe aber deutlich weniger Stress (lacht). Nicht in Brüssel zu sein finde ich natürlich sehr schade, schließlich gibt es dort viele Möglichkeiten, Einblicke vor Ort zu gewinnen und auch Kontakte zu knüpfen. Ich finde es jetzt aber trotzdem schön, in Frankreich zu sein. Mit den Lockerungen macht ja hier auch alles wieder auf, was vorher im Lockdown so lange geschlossen war. Und den Stress mit dem Umzug habe ich so auch erstmal nicht.

 

Warum hast du dich dazu entschieden, in Paderborn und Le Mans zu studieren?

Das war in erster Linie nicht an die beiden Standorte gebunden (lacht). Ich hatte mir verschiedene Studiengänge in dem Format „European Studies“ angesehen, und mich dann relativ kurzfristig noch für den Studiengang beworben, nachdem ich ihn kurz vor Bewerbungsschluss entdeckt hatte. Die deutsch-französische Komponente fand ich besonders ansprechend und auch der feste Frankreichaufenthalt, der im Studium vorgesehen war, hat mir gefallen. Auch dass Paderborn nicht so weit weg war von meiner Heimat, war ein Plus. Le Mans ist vielleicht nicht unbedingt die Stadt, die einem als erstes in den Kopf kommt, wenn man zum Studium nach Frankreich ziehen will – hier wurde man eher so ein bisschen von außen drauf gestupst. Es ist aber eine kleine aber feine Stadt, in der man sich echt wohlfühlen kann: man hat vielleicht nicht die Seine, aber die Sarthe, und das ist ein guter Ersatz und kommt manchmal nahe dran (lacht).

 

Was hat sich für dich mit dem Studium in Le Mans verändert, sowohl was das Studium selbst betrifft als auch deinen Alltag?

Insgesamt war es, auf das Studium bezogen, eine große Umstellung. Mich in dem neuen Uni-System zurechtzufinden hat mich schon etwas Zeit gekostet. Man konnte generell mehr mitnehmen an Inhalten, weil wir im zweiten Studienjahr tendenziell mehr inhaltliche Kurse hatten als im ersten Jahr. Natürlich war es auch für das Schreiben und Lesen auf Französisch extrem hilfreich, das hat einem wirklich viel gebracht – auch wenn mal das ein oder andere Wort dabei ist, das man wohl nie wieder braucht (lacht). Und im Privaten kann ich sagen, dass man durch so ein Studium relativ weit weg von zuhause einfach selbstständiger wird. Man lernt sich in unbekannten Kontexten zurechtzufinden, schon allein, weil es schwerer war, einfach mal nach Hause zu fahren. Zuletzt ist da natürlich Corona: man hat weniger Leute getroffen, kennengelernt, ist weniger im Land herumgefahren, hatte allgemein weniger die Erasmus-Erfahrung. Dadurch hat man dann die Sachen, die man machen konnte, mehr wertgeschätzt: jeder kleine Ausflug war dann etwas Besonderes.

 

Zwar hattest du gerade schon angesprochen, dass es Corona einem im Erasmus schwer gemacht hat. Gab es denn sonst noch andere Dinge, die du als Schwierigkeit empfunden hast?

Ich glaube, dass das Schwierigste war, sich auf das neue Uni-System einzustellen. Auch mit den Anforderungen klarzukommen. Man lernt damit umzugehen, dass eine Menge verlangt wird, und dass aber teilweise nicht alles erfüllt werden kann. Auch Selbstorganisation lernt man definitiv, und man gewöhnt sich daran, dass vieles im Voraus organisiert und festgelegt ist im Studium in Frankreich, sodass man selbst weniger Freiheit hat.

 

Wenn du dann mal nicht Uni machst oder im Praktikum bist, wo verbringst du gerne deine freie Zeit hier in der Stadt?

Generell gerne nahe am Sarthe-Ufer, da ich auch fast direkt daneben wohne. Da ist es einfach zu allen Jahres- und Tageszeiten immer sehr schön. Auch im Vieux Mans bin ich sehr gerne, ein Lieblingsplatz von mir ist die große Terrasse, von der man auf die ganze Stadt sehen kann (zeigt nach oben ins Vieux Mans). Auch die Ile aux Planches ist sehr hübsch, oder der Jardin des Plantes. Es gibt sehr viele schöne Orte, wo man seine Zeit verbringen kann.

 

Möchtest du einen kleinen „bilan“ von deiner bisherigen Zeit in Frankreich ziehen?

Grundsätzlich bin ich bin sehr glücklich, dass ich dieses Auslandsjahr machen konnte. Vor allem wegen Corona war es anfangs überhaupt nicht selbstverständlich, wirklich nach Frankreich fahren zu können – viele Erasmus-Studierende durften ja gar nicht ausreisen. Es war eine interessante Erfahrung, zu erleben, wie ein anderes Land mit dieser Corona-Ausnahmesituation umgeht. Manche Dinge, die man in Deutschland als selbstverständlich erachtet, werden hier ganz anders gehandhabt. Auch das andere Uni-System kann einem einen anderen Blickwinkel geben auf das, was man aus Deutschland kennt. Ich habe schon gelernt manche Freiheiten mehr wertzuschätzen, nicht nur was das Studium in Deutschland betrifft, sondern auch ganz allgemein: Jetzt kann man wieder so lange aus dem Haus gehen, wie man möchte, den Zug nehmen und irgendwo hinfahren, man kann einfach die Grenze überqueren. Das sind schon besondere Erfahrungen, die ich durch diesen Auslandsaufenthalt in Frankreich und den binationale Studiengang machen konnte.

 

Text und Fotos: Rahel Schuchard